Bei Schamanen: das Schaf-Opfer

Bei Schamanen: das Schaf-Opfer

Heute findet eines der dreizehn Dschannas, die den Graden der Entwicklung eines Schamanen entsprechen, statt. Dazu gehört eine Ritualschlachtung. Das Opfer eines Schafs.

Es ist das Dschanna eines jungen Schamanen, und seine Familie hat einiges an Geld ausgegeben, um ein besonders schönes Schaf dafür zu besorgen. Es grast nun friedlich in der Mitte des Lagers, mit einer langen Leine am Baum festgebunden. Bayaraas Wolf umkreist es neugierig. Die Schamanen in Schamanentracht, die Angehörigen und wir Praktikanten, versammeln uns kniend vor den Ovoos. Zwischen den Ovoos liegt eine Decke. Dorthin wird das Schaf nun gebracht. Die Sonne strahlt.

Bei Schamanen: das Schaf-Opfer

Bayaraa trommelt, das Schaf horcht auf, neugierig. Es bekommt zu trinken und besondere Kräuter zu fressen. Währenddessen streicht Bayaraa Kopf, Rückgrat und Beine ganz langsam erst mit Milch und dann mit Wodka ab, und spricht dabei beruhigend auf das Schaf ein. Ein Mongole sitzt daneben.

Plötzlich packt der jeweils zwei Beine mit den Händen, und wuchtet das Schaf um. Blitzschnell. Dann streckt er ihm den Brustkorb und führt, kaum wahrnehmbar, einen sauberen Schnitt am Solar Plexus aus. Sogleich greift er in das Schaf hinein und durchtrennt mit seinen Fingern die Hauptschlagader.

Kein Ton, kein Blut… Das Schaf streckt noch einmal jedes seiner Beine, drei Atemzüge, ein letzter Urinstrahl, ein Zittern läuft den Körper entlang, und es erschlafft.

Bayaraa streichelt es derweil, und summt eine Melodie.

Ich bin Vegetarierin und hatte schon Befürchtungen mir hier ein grausames Ritual ansehen zu müssen. Das war es überhaupt nicht. Es schien fast, das Schaf hätte sich einverstanden erklärt. Eine feierliche, respektvolle Zeremonie.

Doch wozu solch ein Opfer?

Mit dem letzten Atemhauch eines Tieres, bei so einem Dschanna, werden nach der Vorstellung der Schamanen die Ritualgegenstände des jeweiligen Schamanen belebt und energetisiert. Die Lebenskraft des Tieres lebt und wirkt dann nach Ansicht der Schamanen in der Mongolei in diesen Gegenständen weiter.

Raubvögel fliegen zur Opferung

Über dem Camp kreisen die ersten Adler, und riesige Geier! Wie haben die das so schnell mitbekommen? Das Schaf wird in die Decke gewickelt und weggebracht, zu den Frauen. Die werden es nun kochen, zum Teil als Grundlage für das zum Dschanna gehörende Festessen…

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